Da ich mir selbst vorstellen kann, eines Tages Diplomatin zu werden, gibt es viele Fragen, welche ich gerne jemandem stellen wollte, der diesen Beruf ausübt.
Aufgrund dessen habe ich meine Fragen an den Instagram-Account des Auswärtigen Amtes für Karriere (@auswaertigesamt_karriere) geschickt und später auch Antworten erhalten.
Im Folgenden sieht man also die Antworten eines jungen Mannes, welcher sich gerade in der Diplomatenausbildung befindet, mit dem Input von dienstälteren Kolleginnen und Kollegen.
Noch nie habe ich mitbekommen, wie jemand in meinem Umfeld auf die Frage „Was möchtest du mal werden?“ mit Diplomat*in geantwortet hat. Also, warum wollten Sie Diplomat werden?
„Ich bin vor allem Diplomat geworden, weil ich mich in diesem Beruf sehr praktisch für Frieden, Sicherheit und Stabilität einsetzen kann und an den großen Herausforderungen der Welt mitarbeite. Diplomatinnen und Diplomaten sind ein Bindeglied und müssen sich immer wieder auf neue Themen, Länder und Personen einlassen. Diese Offenheit und Vielfalt hat mich immer sehr fasziniert. Man hat durch die Rotation (alle drei Jahre ein neuer Posten) die Garantie, inhaltlich und regional immer wieder an etwas Neuem arbeiten zu können.“
Laut dem Auswärtigen Amt sind jedes Jahr nicht viele Plätze für eine Ausbildung für den gehobenen bzw. höheren auswärtigen Dienst frei. Was war Ihr Plan B, falls es mit der Diplomatie nicht klappt?
„Ein guter Plan B ist wirklich wichtig und ich denke, dass man an vielen Orten wertvolle Beiträge leisten kann. Ich persönlich habe vor dem Auswärtigen Amt u.a. Jura studiert und war mir immer recht sicher, dass ich im öffentlichen Dienst, also für die Gesellschaft arbeiten wollte. Mein Plan B wäre also der Dienst in einem anderen Ministerium, den Europäischen Institutionen oder in der Justiz (als Richter oder Staatsanwalt) gewesen.“
In Filmen sind Diplomat*innen immer auf geheimen Missionen und in den Nachrichten hört man von Verhandlungen mit Terroristen. Waren Sie schonmal in einer gefährlichen Situation?
„Von den geheimen Missionen wie in den Filmen habe ich noch nichts gehört, aber die sollen ja auch geheim bleiben. Aber ja, einige Dienstorte im Ausland haben eine schlechtere Sicherheitslage als in Deutschland. Da geht es zwar seltener um Terrorismus, sondern eher um alltägliche Kriminalität, aber auch das kann schon gefährlich werden. Das Auswärtige Amt bereitet die Diplomatinnen und Diplomaten, die auf diese Posten gehen, aber gut darauf vor und zum Glück sind nur sehr selten Kolleginnen und Kollegen zu Schaden gekommen.“
Alle drei bis fünf Jahre wechselt man das Land und viel Freizeit hat man wahrscheinlich auch nicht. Haben Sie eine Familie und denken Sie, dass der Beruf des Diplomat*innen mit Partner*innen und Kindern vereinbar ist?
„Ich bin verlobt und bekomme bald mein erstes Kind. Über die Frage, die Du hier stellst, habe ich auch viel nachgedacht und lange mit meiner Verlobten darüber gesprochen. Klar ist: Der Beruf ist für die Familie immer eine große Herausforderung (Kann der Partner / die Partnerin arbeiten oder sich vorstellen, einige Jahre etwas anderes zu tun? Kommen die Kinder mit den Umzügen zurecht?). Ich glaube, dass man das ehrlich besprechen muss und in manchen Fällen auch zu dem Ergebnis kommen wird, dass es nicht passt. Auf der anderen Seite bietet dieser Beruf auch der Familie viele tolle Eindrücke und spannende Erfahrungen und man ist ja immer wieder auch in Berlin auf Posten. Das Auswärtige Amt unterstützt Partnerinnen und Partner und Kinder aktiv und beachtet deren Umstände (Schul- und Arbeitsmöglichkeiten) wo es geht.“
Haben Sie auch ein Leben und soziales Umfeld außerhalb Ihres Berufes, wie beispielsweise Freunde mit anderem beruflichen Hintergrund oder Hobbys wie Golfen und Malen, oder ist dies gar nicht möglich?
„Das ist gut möglich, ja. Gerade im Inland habe ich ein ganz normales Sozialleben mit Freunden außerhalb der Arbeit und ganz normalen Hobbies (Golf für mich allerdings nicht). Was ich gehört habe, kommen im Ausland Freunde oft und gerne zu Besuch. Viele Hobbies kann man mitnehmen und die sozialen Netzwerke und Videotelefonie helfen auch dabei, Kontakt zu halten. Aber dennoch wird man bei den vielen Umzügen natürlich immer ein Stück weit rausgerissen und muss neu anfangen.“
Ist Ihre Heimat immer noch Deutschland oder mittlerweile ein anderes Land? Kann man sich in den anderen Ländern überhaupt richtig einleben und es ein „zu Hause“ nennen, wenn man dann doch regelmäßig umziehen muss?
„Aktuell bin ich noch in Berlin und gehe erst in zwei Jahren ins Ausland. Im Studium habe ich aber drei Jahre in England gelebt und habe mich dort nach der Zeit doch recht zu Hause gefühlt. Ich denke es ist eine Frage der Einstellung: Wenn man offen ist und sich auf ein fremdes Land mit allen Vor- und Nachteilen einlässt, bekommt man ganz einzigartige Einblicke, die man bei einem kurzen, touristischen Aufenthalt nicht erhält. Und diese Offenheit macht denke ich auch eine gute Diplomatin oder einen guten Diplomaten aus. Dass natürlich Deutschland immer auch ein Stück „zu Hause“ bleibt, ist bestimmt ganz normal.“
Wie bereits erwähnt, wechselt man häufig das Land und trifft viele Journalisten und Politiker aus aller Welt. Welche Sprachen sprechen Sie und welche Länder haben Sie schon gesehen?
„Ich spreche Englisch, Französisch, Italienisch und Schwedisch. In unserem Jahrgang gibt es ganz verschiedene Sprachkenntnisse, viele sprechen Spanisch. Man lernt als Diplomatin oder Diplomat immer wieder neue Sprachen, was mich an dem Beruf sehr begeistert. Bei mir geht es im neuen Jahr mit einer weiteren Sprache los. Dienstlich war ich noch nicht im Ausland, ich konnte zum Studium aber wie gesagt nach Großbritannien gehen und war für kürzere Austausche oder Praktika in Italien, im Iran, den USA und in Schweden. Ganz wichtig: Das ist per se aber keine Voraussetzung für die Bewerbung im Auswärtigen Amt und hängt natürlich auch von den eigenen finanziellen Möglichkeiten ab.“
Die Fragen des Einstiegtestes für den höheren Dienst des Auswärtigen Amtes übersteigen das durchschnittliche Allgemeinwissen deutlich. Wie haben Sie sich vorbereitet?
„Auf die Fachtests habe ich mich vor allem mit viel Zeitungslesen vorbereitet: Wenn man über längere Zeit eine größere überregionale Tageszeitung (auch gerade Wirtschaft und Feuilleton) durchgeht und die Dinge, die man nicht versteht mal nachschlägt, bereitet man sich eigentlich am besten vor. Und gleichzeitig ist man immer informiert und kann mitreden. Mir hat das großen Spaß gemacht. Ansonsten ist auch die Internetseite des Auswärtigen Amts ein tolles Angebot mit vielen Informationen.“
Laut dem Auswärtigen Amt kann man mit jedem Masterabschluss Diplomat werden, wobei aber Juristen und Volkswirte bevorzugt werden. Was haben Sie studiert und welche Vorteile bringt Ihnen das im Beruf?
„Genau, die Voraussetzung für den höheren Dienst ist nur der Masterabschluss (oder das Staatsexamen), egal in welchem Bereich. Ich selbst habe erst Internationale Beziehungen (im Bachelor) studiert und dann Jura. Volljuristinnen und Volljuristen (also diejenigen, die Jura studiert und das Referendariat absolviert haben) dürfen im Ausland einige rechtliche Aufgaben wahrnehmen, sodass immer Bedarf an diesen Absolventinnen und Absolventen ist. Auch die Wirtschaftsexpertise von Volkswirtinnen und Volkswirten ist wichtig. Ein bestimmtes Studium ist aber nicht zwingend: Bei uns im Jahrgang haben etwa die Hälfte Politikwissenschaften oder Internationale Beziehungen studiert, aber auch exotischere Fächer wie Kulturwissenschaften, Japanologie oder Theologie sind vertreten. Am besten studiert man das, woran man Freude hat.“
Angeblich kann man als Diplomat zwischen 5.000 – 20.000 Euro verdienen. Welche Besoldungsgruppe ist die Ihre und finden Sie, dass die Gehälter, im Vergleich mit anderen Berufen (Bsp. Krankenpfleger), gerecht und nachvollziehbar sind?
„Aktuell erhalte ich die Anwärterbezüge und werde dann ab Sommer mit A13 besoldet. Das ist die Besoldungsgruppe, mit der alle Beamte im höheren Dienst (nicht nur im Auswärtigen Amt) beginnen. Das ist natürlich ein super Gehalt, das viele andere Leute, die auch einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten, nicht bekommen. Die Gehälter z.B. in der Krankenpflege finde ich persönlich auch nicht immer gerecht. Dennoch werden Gehälter ja in der Regel nach dem jeweiligen Ausbildungsstand verglichen: Mit derselben Ausbildung wie wir (Masterabschluss) würde man in der Wirtschaft teilweise zwar mehr verdienen als im Auswärtigen Amt, aber als Beamter hat man auch eine große Arbeitsplatzsicherheit und Absicherung im Alter. Die sehr hohen Gehälter, von denen Du schreibst, gibt es vor allem an den schwierigen Dienstposten, wo die Diplomatinnen und Diplomaten und ihre Familien etwas für die schlechte Sicherheitslage und andere Nachteile entschädigt werden.“
Die diplomatische Immunität ist fast so legendär wie der Beruf selbst. Warum ist diese so wichtig?
„Die Immunität habe ich im Inland nicht, sie ist aber im Ausland ganz wichtig: Dort vertritt man Deutschland und soll unabhängig vom Gaststaat auftreten können. Außerdem ist die Immunität Ausdruck der Wertschätzung gegenüber dem entsendenden Land. Trotzdem müssen sich Diplomatinnen und Diplomaten als Repräsentantinnen und Repräsentanten aber an die Gesetze ihres Gastlandes halten und sollten nicht negativ auffallen.“
Wenn Sie heute zurückblicken, würden Sie wieder Diplomat werden wollen?
„Aktuell blicke ich ja erst auf eine kurze Zeit zurück, habe meine Entscheidung aber nicht bereut. Schön ist auch, dass alle dienstälteren Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, dasselbe sagen: Der Beruf als Diplomatin oder Diplomat verlangt einem selbst und der Familie viel ab, aber jede und jeder würde es wieder machen. Das kann ich nicht von allen Orten sagen, wo ich gearbeitet habe.“
Was würden Sie Schüler*innen oder Student*innen empfehlen und welche Tipps haben Sie für diese, die selbst einmal gerne Diplomat werden wollen?
„Ich würde mir ganz unterschiedliche Dinge ansehen und verschiedene Bereiche ausprobieren, sowohl im Studium als auch in Praktika oder Nebenjobs. Wer selbst gerne Diplomatin oder Diplomat werden will, kann ein Pflichtpraktikum im Studium (achtet darauf, ob Euer Studium das vorsieht) beim Auswärtigen Amt oder einer Auslandsvertretung absolvieren. Außerdem gibt es im Auswärtigen Amt neben dem höheren Dienst auch den gehobenen Dienst. Dort durchläuft man eine dreijährige Ausbildung im Auswärtigen Amt und wird anschließend auch im Ausland eingesetzt. Dazu (und zu allen meinen Antworten) findet man weitere Informationen auf der Internetseite des Auswärtigen Amts. So oder so sollte man sich ansehen, welche Voraussetzungen man braucht und sich früh vorbereiten. Gerade Sprachkenntnisse brauchen etwas Zeit. Das Schöne fand ich aber, dass sich die Vorbereitung (Zeitunglesen, Sprachen lernen…) teilweise nicht wirklich wie eine Vorbereitung anfühlt, sondern großen Spaß macht.“
Von Mara Korte
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